Es war ein grauer Montagmorgen, und ich stand vor der Tür unserer Einrichtung, bereit für einen neuen Arbeitstag. Als ich das Gebäude betrat, spürte ich sofort die angespannte Atmosphäre.
Die Kinder, die sonst laut lachend durch die Flure liefen, waren ungewöhnlich leise und schauten immer wieder verstohlen zu einer kleinen Gruppe in der Ecke. Ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus.
Ist hier etwa Mobbing im Spiel? 😔
Kaum hatte ich meinen Mantel aufgehängt, kam Lara, eine unserer jüngeren Betreuerinnen, auf mich zu.
Ihr Gesicht war blass, und ihre Augen wirkten besorgt.
„Kannst du bitte mal mit Jonas reden? Irgendwas stimmt nicht“, flüsterte sie mir zu.
Jonas war ein ruhiger Junge, der sich sonst gut mit den anderen verstand.
Ich fand Jonas allein auf einer Bank im Pausenhof, die Schultern hängend, den Blick starr auf den Boden gerichtet. Als ich mich neben ihn setzte, wich er keinen Zentimeter zur Seite.
„Jonas, alles in Ordnung?“, fragte ich vorsichtig.
Er zuckte nur mit den Schultern, doch ich sah die Tränen, die er mühsam zurückhielt.
Die nächsten Tage waren wie ein Puzzlespiel. 🧩 Stück für Stück setzte ich die Teile zusammen.
Jonas wurde seit Wochen von einer Gruppe älterer Jungs schikaniert. Sie stahlen sein Pausenbrot, machten sich über seine Kleidung lustig und verbreiteten Lügen über ihn.
Jonas, der immer so stark gewirkt hatte, zerbrach langsam unter dem Druck.
Ich fühlte mich hilflos. Die Unsicherheit nagte an mir. Hatte ich die Anzeichen übersehen? Hatte ich zu wenig getan, um ein solches Umfeld zu verhindern? Die Verantwortung lastete schwer auf meinen Schultern. 😔
Doch ich wusste, dass ich handeln musste, auch wenn ich mich überfordert fühlte.
Ich entschied mich, das Gespräch mit allen Beteiligten zu suchen. Es war keine einfache Aufgabe, und die Angst, dass die Situation eskalieren könnte, war allgegenwärtig für mich.
Aber die Alternative, nichts zu tun, war keine Option!
Zuerst sprach ich mit den 'Tätern'. Es war ein Balanceakt zwischen klarer Ansage und Verständnis für ihre eigenen Unsicherheiten. Die Jungs hatten selbst mit verschiedenen Problemen zu kämpfen und suchten nach einem Ventil.
Parallel dazu arbeitete ich mit Jonas und anderen betroffenen Kindern. Wir entwickelten Strategien, wie sie sich gegenseitig unterstützen und 'wehren' könnten. Das Vertrauen zwischen uns wuchs, und langsam begannen sie, ihre eigene Stärke zu erkennen. 🍀
Wir führten in der Einrichtung Workshops durch, um das Bewusstsein für Mobbing zu schärfen. Rollenspiele halfen den Kindern, sich in die Lage anderer zu versetzen.
Es war ein langer Weg, und ich machte viele Fehler, aber ich lernte auch aus ihnen. Die Gemeinschaft wuchs enger zusammen, und nach und nach veränderte sich die Dynamik.
Am Ende dieses schwierigen Weges saß Jonas nicht mehr allein auf der Bank im Pausenhof. Er lachte wieder, umgeben von Freunden, die ihn unterstützten. 💛
Die Älteren hatten gelernt, ihre Unsicherheiten anders zu kanalisieren.
Und ich?
Ich hatte gelernt, dass Unsicherheit und Überforderung Teil meines Weges waren, aber nicht das Ende. Jeder Tag brachte neue Herausforderungen, aber auch neue Möglichkeiten, gemeinsam zu wachsen und zu lernen.
Die Erfahrung hat mich geprägt und erinnert mich täglich daran, wie wichtig es ist, hinzuschauen, zuzuhören und vor allem nicht aufzugeben – für die Kinder, für die Gemeinschaft und auch für mich selbst.
In diesem Bericht wurden (aufgrund des Datenschutz) die Namen geändert!
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